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Güterverkehrsgeschichte des Gouvernements Saratov an der Schwelle zum 20.  Jahrhundert im Spiegel der Wirtschaft und Gesellschaft


An der Schwelle zum 20. Jahrhundert (ca. 1890 – 1914) war das Gouvernement Saratov eine der landwirtschaftlich entwicklungsstärksten Regionen Russlands und produzierte erhebliche Überschüsse an diversen Getreidesorten (Weizen, Roggen, Hafer u.a.) und Mehl. Zugleich war das Gebiet auf Importe von Salz, Erdöl, Petroleum, Kohle, Brenn- und Bauholz angewiesen, was einen regen Ausbau der Güterbeförderung erforderte. Das trug wesentlich dazu bei, dass sich die Gouvernementshauptstadt Saratov zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt und Sitz von Bahn- und Schiffsverkehrszentralen herausbildete und sich in der Stadt die administrativen Funktionen verdichteten. Dadurch fanden die in Saratov getroffenen Entscheidungen nicht nur lokale Ausstrahlung, sondern prägten auch verkehrswirtschaftliche Abläufe in weiten Teilen des europäischen Russlands. Das Vorhaben schlägt eine Brücke von der Verkehrsgeschichte zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte und diskutiert Gestaltung und Funktionieren des Verkehrssystems des russischen Gouvernement Saratov 1890-1914. Dies wird anhand der Fragestellungen behandelt, welche Anforderungen ans Verkehrssystem gestellt wurden, was das Verhältnis zwischen Schiffs- und Eisenbahnverkehr (Konkurrenz, Komplementarität) prägte und wie diese Konstellationen die Warenströme beeinflussten. Die durch quantitative Analyse statistischer Materialien gewonnenen Daten werden in Kontext der Theorie der zentralen Orte (W. Christaller) und der Standorttheorie (J.H. v. Thünen) gestellt. Als Grund für den regen Ausbau der Güterbeförderung wird der Wandel des Verkehrssystems in der Region angesehen, der sich in erster Linie durch wirtschaftliche Beziehungen zu ausländischen Bahnunternehmen und Wissenstransferprozesse aus dem Ausland vollzog. Diese Beziehungen und Prozesse werden nach sozialwissenschaftlichem Ansatz Social Construction of Technology (Pinch, Bijker) analysiert. Als Quellen dienen unveröffentlichte Materialien aus dem Gebietsarchiv Saratov, sowie gedruckte Reichs-Statistiken, Gesetze und Verordnungen.

Egor Lykov

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