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Technikgeschichtliche Tagung des VDI 2017

Deutsches Bergbau-Museum Bochum, am 02. und 03. März 2017

Call for Papers

Frontiertechnologien – Technik in extremen Umwelten

Technik dient der Menschheit auch dazu, die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit in Bereiche und Gebiete zu verschieben, die ihr vorher nicht zugänglich waren. Die „Frontier“ markiert dabei nicht nur eine Übergangszone, in der die Beherrschbarkeit von Natur und Umwelt durch den Menschen an Grenzen stößt, sondern in welcher auch die Unterscheidung von Zivilisation und Wildnis ausgehandelt wurde. Technologische Grenzen sind und waren auch kulturelle Grenzen.

Der Titel der technikhistorischen VDI-Tagung „Frontiertechnologien – Technik in extremen Umwelten“ spielt auf die vermeintliche Frontiermentalität an, wie sie der amerikanische Historiker Frederick Jackson Turner Ende des 19. Jahrhunderts als konstitutiv für die amerikanische Gesellschaft und ihre technische und zivilisatorische Erschließung des „Wilden Westens“ beschrieb. Dieser Frontiergedanke wurde später von den Ingenieuren und Wissenschaftlern aufgenommen, wie es prägnant im Bericht „Science the Endless Frontier“ (1945) des einflussreichen amerikanischen Wissenschaftsmanagers Vannevar Bush zum Ausdruck kam. Mit der Astronautik und dem amerikanischen Mondlandeprojekt konnte das Frontier-Konzept der Techniker und Ingenieure schließlich auch wieder raumgreifend wirken.

Jenseits der spezifisch amerikanischen Frontier-Ideologie können Frontierräume definiert werden als Gebiete, die zwar einer menschlichen Nutzung zugeführt werden sollen, die sich aber auf Grund extremer naturräumlicher, physischer oder biologischer Bedingungen dem menschlichen Zugriff zumindest zeitweise entziehen. Zu diesen extremen Umwelten zählen einerseits Naturräume wie die Polarregionen, die Unterwelten des Bergbaus, das Weltall, aber auch die Tiefsee, Gebirge, Wüsten und weitere, als menschenfeindlich anzusehende Umgebungen. Die Technik half und hilft auf vielfältige Weise mit bei der „Kultivierung“ dieser Räume, sei es durch Strategien der Urbarmachung, der infrastrukturellen Erschließung oder durch die Bereitstellung von Habitaten, die es dem Menschen überhaupt erst ermöglichten sich in den Extremumwelten aufzuhalten (z.B. durch Raumschiffe, U-Boote, Flugzeuge usw.). Frontierräume können andererseits aber auch gänzlich vom Menschen geschaffene Umwelten sein: Beispiele sind technikorientierte Hochleistungsarrangements wie die Formel-1-Rennstrecke, durch Verschmutzung oder Unfälle unbewohnbar gewordene Landstriche (z.B. die atomar verseuchten Regionen Hanford Site, Tschernobyl und Fukushima) sowie Simulationen von natürlichen Frontierräumen, um diese wissenschaftlich zu erforschen.

Die spezialisierten, umgebungsangepassten und oftmals im High-Tech-Bereich anzusiedelnden Frontiertechnologien gelten den Zeitgenossen als „extrem“. Sie können aber, wie etwa im Falle der verkehrstechnischen Erschließung der Lüfte, im Laufe der Zeit von einer technischen Herausforderung zur unspektakulären „Normaltechnologie“ werden. Frontiertechnologien werden oftmals in Visionen, Utopien und Science Fiction vorgedacht. Die Tagung soll sich auch diesen „utopischen“ Frontiertechnologien zuwenden und kritisch hinterfragen, welche Rolle Zukunftsentwürfe für die technische Realisierung besaßen und welche gesellschaftlichen Zuschreibungen von Grenzräumen und -technologien hierbei ablesbar sind.

Übergeordnete Fragestellungen der VDI-Tagung „Frontiertechnologien – Technik in extremen Umwelten“ sind:

- Welche Chancen und Möglichkeiten eröffnen sich der Technikgeschichte, wenn sie Frontiertechnologien in den Mittelpunkt stellt?

- Wie lassen sich Frontiertechnologien charakterisieren? Gibt es übergreifende Merkmale für Innovationen in diesem Bereich? Lassen sich Frontiertechnologien typisieren?

- Welche Rolle spielten Frontiertechnologien für „Normaltechniken“? Welche Diffusionsprozesse lassen sich zwischen Frontiertechnologien und Alltagstechniken feststellen?

- Welche relevanten Institutionen und Akteure waren in der Entwicklung von Frontiertechnologien involviert?

- Was sagen Frontiertechnologien über die gesellschaftliche Konstruktion von Grenzräumen und die zeitgenössischen Unterscheidungen von Zivilisation und Wildnis aus?

- Wie erscheinen Frontiertechnologien in Zukunftsentwürfen, Utopien und Science Fiction?

Vortragsangebote inklusive CV bitte als max. 2-seitiges Abstract postalisch oder bevorzugt als Email bis zum 06.11.2016 an schicken.

Dr. Lars Bluma

Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Forschungsbereich Bergbaugeschichte

Herner Straße 45

44787 Bochum


Dr. Lars Bluma
Forschungsbereichsleiter Bergbaugeschichte
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