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CfP zur Jahrestagung der Gesellschaft für Technikgeschichte 2019
Karlsruher Institut für Technologie, 17.-19. Mai 2019


Deadline: 07.01.2019

 

Technik und Politik.
Jahrestagung der Gesellschaft für Technikgeschichte

 

Technik und Politik stellen Handlungsfelder dar, die aufs Engste miteinander verbunden sind. Politische Entscheidungen setzen technischen Entwicklungen Rahmenbedingungen und sie ermöglichen und steuern die Technik. Beispiele sind z.B. Sicherheits- oder Umweltverordnungen, staatliche Investitions- oder Förderpolitik, das Patentwesen oder jegliche Form von Wirtschafts-, Arbeits-, Forschungs-, Bildungs- oder auch Wohnpolitik. Zugleich sind technische Entwicklungen Auslöser politischer Debatten und Interventionen. Die Wechselwirkung zwischen Technik und Politik wird etwa im militärischen Bereich, in der Raumfahrt oder bei Versorgungsinfrastrukturen wie Energie und Mobilität besonders deutlich. Brisanz erhält dieses Verhältnis zum Beispiel aktuell im Kontext von Digitalisierung, Automatisierung oder dem Klimawandel.

Die Epoche des Kalten Krieges gilt als Paradebeispiel entsprechender staatlicher Interventionen. Sie durchziehen aber sämtliche Epochen und Weltregionen. Dies verdeutlichen die Debatte um die „hydraulic societies“ der Vormoderne ebenso wie die Investitionen europäischer Mächte des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit in Gewerbeförderung oder den Festungsbau. Im Zuge von Kolonialismus, Dekolonialisierung oder Entwicklungspolitik war Technik zentraler Baustein politischen Handelns. Das Verhältnis von Technik und Politik lädt mithin dazu ein, diachrone Vergleiche ebenso anzustellen wie postkoloniale oder globalhistorische Perspektiven einzunehmen.

In der Moderne haben historische Akteure die Wechselwirkung von Technik und Politik immer wieder mit Hilfe spezifischer Formen der Wissensentwicklung zu formalisieren gesucht: Benennen ließe sich die Integration technischer Expertise in frühneuzeitliche Verwaltungsstrukturen (z.B. bei der Landvermessung, in der Etablierung der Bevölkerungsstatistik oder beim Chausseebau) oder die Gründung und Förderung von Gewerbeschulen, Technischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungsinstitutionen. Institutionalisierungsprozesse im 20. Jahrhundert umfassen Think Tanks ebenso wie Zukunftsforschung oder Technikfolgenabschätzung. Einzelne Modelle oder Leitbilder wie z.B. technokratische Konzepte oder der Glaube an den „technological fix“ entwickelten dabei über unterschiedliche Regierungsformen, Wirtschaftssysteme und politische Ideologien hinweg Wirkmächtigkeit. Dass es regelmäßig zu Spannungen zwischen zentral geleiteten Planungsprozessen und ihrer Umsetzung kam, hat die Forschung eindrücklich gezeigt („Seeing like a State“, James Scott).

Technik ist nicht nur durch die „große Politik“ geprägt, wie es der häufig anzutreffende Fokus der historischen Forschung auf staatliche Innovationspolitik nahelegt. Dass auch Bürger/innen Akteure des Politischen sind, haben vor allem Konsum-, Geschlechter- und Umweltgeschichte und die Geschichte der Arbeit gezeigt. Zu verweisen ist auf Streiks, auf Proteste und Boykotte von Konsument/innen oder auf den lokalen Widerstand gegen infrastrukturelle Bauten.

Die Jahrestagung der GTG 2019 lädt zu Vorschlägen für Einzelvorträge oder Sektionen ein, die das Verhältnis von Technik und Politik historisch untersuchen. Fallstudien sind ebenso willkommen wie Beiträge zu einer methodischen Fundierung des Themenfeldes, gerne auch in interdisziplinärer Perspektive. Beispielsweise bietet sich das Thema in besonderem Maße an, technikhistorische Perspektiven mit solchen der Politikgeschichte, der „Science and Technology Studies“ (STS) oder der Technikfolgenabschätzung zu verknüpfen.

Die Gesellschaft für Technikgeschichte bittet um die Einsendung von Abstract (max. 400 Worte) und CV (max. eine Seite). Die Jahrestagung wird vom 17. bis 19. Mai 2019 am Karlsruher Institut für Technologie stattfinden. Vorschläge sind bis zum 07. Januar 2019 erbeten an: .

Mögliche Themenfelder umfassen:

·      Konzeptionell-methodische Fragen: So vielfältig technikhistorische Arbeiten zu den genannten Themenfeldern sind, liegen bislang vergleichsweise wenige konzeptionelle Ansätze zur Analyse historischer Formen des Verhältnisses von Politik und Technik vor. Definitionen „des Technischen“ und „des Politischen“ werden durch die enge Verflechtung mit weiteren Ebenen wie „Ökonomie“ und, in der Moderne, „Wissenschaft“ erschwert. Auf Verschränkungen von Technik und politischem Handeln fokussieren Konzepte wie „technopolitics“ und „technopolitical assemblages“ (Gabrielle Hecht) oder auch Ansätze der Akteur-Netzwerk-Theorie bis hin zum „Parlament der Dinge“ (Bruno Latour). Welche konzeptionellen Beiträge können Technik- und Politikgeschichte zum Verhältnis von Technik und Politik formulieren?

·       Historische Entwicklungslinien: Die historische Entwicklung von Technologie- und Innovationspolitik ist primär für die Zeit seit dem späten 19. Jahrhundert erforscht. Kontinuitäten und Brüche zur Frühen Neuzeit, in der sich in unterschiedlichen Regionen entsprechende Ansätze avant la lettre erkennen lassen, sind demgegenüber nur unzureichend untersucht. Im Anschluss an Konzepte wie dasjenige der „nationalen Innovationssysteme“ lässt sich zudem fragen, inwiefern unterschiedliche politische Systeme je spezifische Pfade des Umgangs mit Technik beschritten haben und wo sich Parallelen erkennen lassen.

·       Leitbilder zu Technik und technischem Wandel in der politischen Arena: Diskurse und Leitbilder wie der erwähnte „technological fix“ stellen wichtige Klammern dar, welche die „große Politik“ einerseits und lokale Entscheidungsprozesse andererseits verzahnen. Von welchen Leitbildern und Grundsätzen war Politik in Bezug auf Technik geprägt? Wie lässt sich das Verhältnis solcher Leitbilder zu konkretem Handeln erforschen? Welche Technologien werden in politischen Diskursen verhandelt und welche nicht? Inwiefern wird das Politische in Diskursen um Technik zuweilen dezidiert ausgeblendet?  

·      Formen und Instanzen der Wissensgenerierung zu Technik und Politik: Welche neuen Institutionen wurden mit welchen Zielen geschaffen, um Wissen zum Verhältnis von Technik und Politik zu generieren und für den Staat entsprechende Handlungsanweisungen bereit zu stellen? Von welchen Modellen der Beeinflussbarkeit des Technischen gingen diese aus, wie entwickelten sie ihr Wissen dazu und welchen Einfluss haben sie schließlich genommen?

·       Das Verhältnis von Politik und Technik in Gegenwart und Zukunft: Die Formulierung ehrgeiziger Klimaziele und einer „Großen Transformation“ der Gesellschaft erscheinen als Herausforderung und bedingen möglicherweise neuartige Formen der politischen Steuerung technischer Entwicklungen wie auch des Konsums von Technik. Inwiefern lassen sich solche Ansätze aus historischer Perspektive als Kontinuitäten und Brüche interpretieren und welche Rolle kann technikhistorische Expertise in solchen Debatten spielen?

·       Technik und Politik im Museum: Technische Museen und Stätten der Industriekultur verdanken ihre Einrichtung häufig politischen Entscheidungen und können damit auch als spezifische Form der Geschichtspolitik verstanden werden. Auch in der Ausstellungspraxis spielt das Verhältnis von Technik und Politik immer wieder eine Rolle, wenn auch eher selten als eigenständiges Thema. Was bedeutet dies für eine kritische Geschichtsvermittlung und die Tätigkeitsfelder der in musealen Kontexten arbeitenden Technikhistoriker/innen?


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