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Problemorientierte Geschichtsforschung am Beispiel der Geschichte der Luftverschmutzung seit 1945

Matthias Heymann

Die Umweltkrise der Gegenwart hat vielfach Forderungen an die Wissenschaft laut werden lassen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und Beiträge zur Krisenbewältigung zu leisten. Die Geschichtswissenschaften tun sich jedoch äußerst schwer damit, zur Aufklärung über die ökologische Krise und über die historischen Hintergründe des gegenwärtigen Konfliktpotentials beizutragen. Auch die Umweltgeschichte ist bisher kaum in der Lage, hier eine wirkungsvolle Korrektur zu leisten. Sie bleibt bisher ein relativ diffuses Sammelsurium von Beiträgen, theoretischen Konzepten und methodischen Forderungen, das noch wenig intellektuelles Gewicht entwickeln konnte, um auf historische Selbstverständnisse und Forschungstraditionen merklich zu wirken.
In meinem Beitrag möchte ich einige Überlegungen zur 'Bewältigung' des Themas Umwelt in historischen Disziplinen wie der Technikgeschichte oder der Umweltgeschichte präsentieren und auf die Schwierigkeiten dieser Bewältigung aufmerksam machen. Am Beispiel der Geschichte der Luftverschmutzung und der Luftreinhaltung seit 1945 in Deutschland möchte ich schließlich zeigen, daß historische Disziplinen wie die Umweltgeschichte und die Technikgeschichte geeignete fachliche Kompetenzen und methodische Grundlagen bieten, um zur Auseinandersetzung mit und zum Verständnis von aktuellen oder historischen Menschheitsproblemen wie z. B. Umweltproblemen beizutragen. Dabei werde ich auf laufende Forschungsvorhaben eingehen und bisherige Erfahrungen und Ergebnisse erläutern.

Ich verstehe meinen Beitrag als ein Plädoyer für einen methodisch-programmatischen Ansatz »problemorientierter Geschichtsforschung«, der sicher nicht neu, aber meines Erachtens bisher stark vernachlässigt und inhaltlich wenig ausgestaltet ist. Bestandteil meines Vortrages wird daher die Erläuterung von Zielrichtung, Ausgestaltung und methodischen Voraussetzungen eines solchen Ansatzes sein. Ziel meines Vortrages ist es, zu einer Diskussion über Möglichkeiten, Chancen und Pflichten der Technikgeschichte und der Umweltgeschichte beizutragen, sich dem Thema Umweltkrise stärker und systematischer zuzuwenden.