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Wolfgang König

Ingenieure, Heimatclub und Alpenschutz. Positionen zum Bau von Bergbahnen in der Schweiz um die Jahrhundertwende

Seit den 1870er Jahren wandelte sich in der Schweiz der elitäre Luxustourismus in einen vorwiegend von den höheren Mittelschichten getragenen Fremdenverkehr. In diesem Zusammenhang entstanden Bergbahnen auf touristische Aussichtspunkte, zunächst die Zahnrad- und Standseilbahnen, später kamen Luftseilbahnen dazu. Um die Jahrhundertwende erreichte der Bergbahnbau einen ersten Kulminationspunkt mit zahlreichen durchgeführten Bahnbauten sowie einer wesentlich größeren Zahl von nicht realisierten Projekten. Besonders spektakulär waren Bahnprojekte auf die Hochgipfel der Alpen, wie auf Jungfrau, Matterhorn und Mont Blanc. Erfolgten diese Bahnbauten und Projektierungen zunächst weitgehend ohne eine sich auf den Naturschutz berufende Opposition, so entstand nach der Jahrhundertwende eine relevante Widerstandsbewegung, welche den Bergbahnbau einer grundsätzlichen Kritik unterzog.
In dem Vortrag werden die Entwicklung der Positionen der drei wichtigsten Akteursgruppen bei dieser Diskussion herausgearbeitet: die Ingenieure, die Schweizerische Vereinigung für Heimatschutz und der Schweizerische Alpenclub. Nach mehr oder weniger heftigen Auseinandersetzungen im Innern gelangten die korporativen Akteure, der Heimatschutz und der SAC, zu relativ eindeutigen kritischen Positionen. Unterschiede zwischen beiden Gruppen lassen sich durch anders gelagerte Interessen erklären. Dagegen war die Haltung der kollektiven Akteursgruppe, der Ingenieure, viel heterogener. Die These lautet, daß sich die Position der Ingenieure kaum von der der allgemeinen Bevölkerung unterschied.

Im Rahmen des Vortrages werden eine Reihe systematischer technikgeschichtlicher Fragen angesprochen:

das Problem der Identifizierung von Akteursgruppen
das Verhältnis von Diskurs und Praxis
Konsequenzen für eine sozialkonstruktivistische Interpretation der Technikgeschichte