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Hans-Liudger Dienel

Das Bild kleiner und mittlerer Unternehmen (KMUs) in der Wirtschafts- und Forschungspolitik des Bundes, 1949-1999

Kleine und mittlere Unternehmen haben in der Wirtschaftspolitik des Bundes seit 1949 und später auch in der Forschungspolitik eine große Rolle gespielt. In der Rhetorik des staatlichen Verwaltungshandelns haben sich KMUs dabei von einem Fürsorgefall zu einem Wirtschaftsmotor entwickelt. Der Beitrag schildert diese Veränderung des Bildes von KMUs in der Wirtschafts- und Forschungspolitik des Bundes.
Bis zu Beginn der 1970er Jahre ging es in der auf KMUs ausgerichteten Wirtschaftpolitik des Bundes darum, den kleinen und mittleren Unternehmen durch gezielte ordnungspolitische Rahmensetzung unter die Arme zu greifen und so das Überleben in einer Wirtschaftsordnung zu ermöglchen, in der die Unternehmensgröße ein immer wichtiger werdender Erfolgsfaktor war. Die auf KMUs ausgerichtete Forschungspolitik hatte den primären Zweck, durch Förderung des Technologietransfer den vermeintlich zurückgebliebenen KMUs den Anschluß an die technologische Entwicklung zu sichern. Für diese Politik steht beispielhaft das Deutsche Handwerksinstitut an der TH Hannover. Das Innovations- und Kreativitätspotential der KMUs wurde dagegen in der Ministerialbürokratie gering bewertet.

Die insgesamt überraschende wirtschaftliche Stabilität der KMUs in den ökonomischen Krisen seit 1973 hat das Bild der KMUs in der Wirtschafts- und Forschungspolitik verschoben. KMUs galten nun strukturell als zukunftsfähig. Auch in der Forschung und Entwicklung wurde ihnen von der öffentlichen Verwaltung des Bundes eine eigenständige Rolle nicht nur zugetraut, sondern gefördert und gefordert. Für diese Politik steht beispielhaft das Personalkostenzuschußprogramm des Wirtschaftsministeriums, das durch massive finanzielle Anstrengungen den Aufbau eigenständiger F&E-Abteilungen in den kleinen und mittleren Unternehmen voran bringen sollte. In dieser Poltik übernahm das Ministerium dabei aber weitgehend ein Leitbild der Industrieforschung aus der Großindustrie.

Parallel zu der Zunahme der Arbeitslosigkeit seit Mitte der 1980er Jahre erfreuten sich die KMUs nicht nur einer verstärkten rhetorischen Förderung. Gleichzeitig wandelte sich auch das Leitbild der Industrieforschung. Der dem F&E-Geschehen in den KMUs nahestehende Begriff der Innovation rückte in den Mittelpunkt. KMUs galten nun als Initiator und Motor für technologische und gesellschaftliche Veränderung. Beide Ministerien verstärkten ihre Anstrengungen zur Förderung der Neugründung von kleinen Unternehmen. Ihr Blick war dabei aber weiterhin auf technologieintensive Betriebe und damit auf ein kleines Marktsegment der Volkswirtschaft eingegrenzt.

Der Beitrag schildert die Entstehungskontexte für die verschiedenen Bilder von KMUs in der Ministerialbürokratie und ihre Verschiebungen.