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Der Bildermarkt als bildgebendes Verfahren

Matthias Bruhn

Die Erwartungen an das Bild werden heute durch einen professionellen Markt geregelt. Was ein "Bild" ist, bestimmt sich aus dem Zusammenspiel von Agenturen, Datenbankanbietern, Rechteverwertern und Medienkonzernen. Die ganz alltäglichen Vorgänge der Bild- und Verlagsbranche entscheiden auch darüber mit, welche Visualisierungen und Simulationen als Symbolbilder der Wissenschaft und Technik zugelassen werden und unter welchen Bedingungen naturwissenschaftliche Illustrationen für eine höhere Beachtung von Forschungsergebnissen in der öffentliche Wahrnehmung sorgen.

Die Existenz spezialisierter Dienstleister ist so gesehen ein Argument dafür, warum man selbst in einer multimedialen Welt noch von "dem Bild" sprechen kann, wenn dieses ansonsten gar nicht mehr rein auftritt. Im Gegenzug müssen dann allerdings auch die betriebswirtschaftlichen und logistischen Rahmenbedingungen von Bildlichkeit stärker in deren theoretische Bestimmung einfließen. Der rechtlich-ökonomischen Frage kommt damit auch bildtheoretische und -historische Bedeutung zu. Zu differenzieren ist beispielsweise, an welchem Ort und in welcher Form der professionelle Bilderhandel tatsächlich in die wissenschaftliche Illustrationspraxis eingreift und von welchen Publikationen und Bildmedien wir ausgehen, wenn wir von den "Bildern der Wissenschaft" sprechen. Umgekehrt ließe sich fragen, was eine "Bilderflut" sein soll, wenn wir die vermeintlich wichtigen Bilder kaum noch bezahlen können.

Im Rahmen eines Gastaufenthaltes in Stuttgart untersuche ich zur Zeit die in der Bild- und Fototheorie bisher vernachlässigten Lehrbücher von Fotografen, die sich an den professionellen Anwender richten und ihm Ratschläge zur Vermarktung seiner Materialien bieten sollen. In diesen in großer Zahl erschienenen Publikationen kommt der Strukturwandel des Bildhandels, der durch neue betriebswirtschaftliche Konzepte, durch Globalisierung und Internethandel bedingt ist, deutlich zum Ausdruck. Agenturen, Bilderdienste und Sammlungen begannen in den 1980er Jahren, ihre Tätigkeiten nach Art von Investment Fonds zu definieren und ihre Materialien entsprechend zu ordnen, zu klassifizieren und zu bewerben. Nur zehn Jahre später ist mit dem Einzug des Internet ein großer Teil dieser Bücher obsolet; gleichzeitig setzen sich aber im elektronischen Raum die formatgebenden Kräfte des Bilderhandels fort, welche auch der wissenschaftlichen Illustration ihre spezifischen Aufgaben und Bewertungsgrundlagen zuweisen.

Die Ergebnisse dieser Recherchen zur Geschichte der Fotoindustrie könnten im Rahmen der Wiener Veranstaltung als Beitrag zum Schwerpunkt "Wissensgenerierung und Vermittlung von Wissenschaft und Technik" dienen oder im Rahmen der ebenfalls vorgesehenen allgemeinen Sektion vorgestellt werden.