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Zwischen Bilderbuch und Messgerät: Der elektronenoptische Blick auf die Realstruktur von Festkörpern

Falk Müller

Die Entwicklung elektronenmikroskopischer Untersuchungstechniken verlief im wesentlichen in zwei Richtungen. Einerseits ging es um die Verbesserung der räumlichen Auflösung bei der Abbildung im engeren Sinne - d.h. bei der Erfassung der Objektmorphologie in submikroskopischen Bereichen - durch ständige Verbesserung der zur Abbildung benutzten elektronenoptischen Systeme. Dabei interessierte die für die Bildkontrastentstehung notwendige Wechselwirkung zwischen Elektronenstrahlung und Objekt erst in sekundärer Hinsicht, und zwar fast ausschließlich unter dem Aspekt der Erzielung einer guten Abbildungsqualität. Andererseits zeigte sich in den 1960er und -70er Jahren ein neuer Trend von der qualitativen zur quantitativen Elektronenmikroskopie, vom Einsatz des Elektronenmikroskops als Abbildungsgerät zu dessen Nutzung als Messgerät. Die Entwicklung ging in Richtung der Erfassung vielseitiger Objektinformationen bzw. Objekteigenschaften in Mikrobereichen durch Ausnutzung unterschiedlichster Wechselwirkungsprozesse zwischen Elektronen und Objekt. Hierbei wurde die Frage der räumlichen Auflösung erst an zweiter Stelle gesehen. In meinem Vortrag möchte ich anhand von Entwicklungen im Institut für Elektronenmikroskopie und Festkörperphysik der Akademie der Wissenschaften der DDR in Halle exemplarisch die Einfaltung der Forschungsobjekte mit den eingesetzten Instrumenten und Methoden untersuchen und der Frage nachgehen, wie Bilder als epistemische Dinge und technologische Objekte zwischen technischen und wissenschaftlichen, ästhetischen und auch politischen Anforderungen vermitteln und damit sehr unterschiedliche Funktionen im Forschungsprozess einnehmen können.