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Lars Bluma

"How much can a Scientist do for his Country?" - Der soziale und kulturelle Transformationsprozess der amerikanischen Ingenieurwissenschaften im Kalten Krieg

Schon während des Zweiten Weltkrieges hatte sich die Ingenieurpraxis in den USA grundlegend verändert; sie bestand nun aus verstärkter interdisziplinärer Teamarbeit und tendierte zur ressourcenintensiven Großforschung bzw. "big science". Gleichzeitig mit diesen sozialen Umbrüchen in der amerikanischen Ingenieurscommunity verschob sich die inhaltliche Ausrichtung der technischen Disziplinen. Die Militärforschung wurde nun als das interessanteste aber auch lukrativste Gebiet technischer Entwicklungsarbeit angesehen. Die Arbeit an hochkomplexen Waffentechniken führte in den Nachkriegsjahren zu neuen Konzeptionen des technischen Designprozesses, die die Forderungen nach interdisziplinärer und rationaler technischer Entwicklungsarbeit aufnahmen und schließlich im "system engineering" ihren Ausdruck fanden.

Mit der Verschärfung des politischen und ideologischen Konfliktes zwischen den USA und der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg veränderten sich auch die Wahrnehmungsweisen der amerikanischen Gesellschaft von Technik und Ingenieuren, die nun als fundamentale Ressourcen im politischen Systemwettkampf angesehen wurden. Die oben skizzierte Transformation der Ingenieurwissenschaften veränderte die Selbstdeutung und das Selbstverständnis der Ingenieure, die ihre eigene Rolle innerhalb der amerikanischen Gesellschaft immer mehr als Garant für den Frieden definierten. Diese Selbstwahrnehmung wurde durch die zunehmende Technisierung des Militärapparates gestützt, der aus dem ideologischen Systemwettkampf auch einen technischen machte, dessen öffentliche Inszenierung im "Wettlauf zum Mond" kulminierte. Die gewandelte soziale Rolle der amerikanischen Ingenieure, die geprägt wurde durch die Gleichsetzung von militärtechnischer Schlagkraft mit nationaler Sicherheit, drückt sich auch in den Bilderwelten des Kalten Krieges aus. Die entsprechenden symbolischen Repräsentationen und Visualisierungsstrategien sollen hier am Beispiel von Werbe- und Stellenanzeigen in der Fachzeitschrift "Scientific American" im Hinblick auf ihre kulturelle Bedeutung und soziale Funktion für das Selbstverständnis der Ingenieure im kalten Krieg analysiert werden.

Der Vortrag wird somit sowohl die soziale und inhaltlich-praktische als auch kulturelle Dimension des Transformationsprozesses der amerikanischen Ingenieurwissenschaften im Kalten Krieg, beschränkt auf die 50er und 60er Jahre, behandeln.