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Silke Fengler und Stefan Krebs

Der erste moderne Krieg? Die Inszenierung von Wissenschaft und Technik als Paradigma des modernen Krieges am Beispiel von aktuellen TV-Dokumentationen über den Ersten Weltkrieg

Mit dem 90sten Jahrestag des Kriegsausbruchs rückte im Sommer letzten Jahres der Erste Weltkrieg kurzzeitig ins Zentrum des deutschen Medieninteresses. Arte und die ARD zeigten aus diesem Anlass mehrere Dokumentationen zu unterschiedlichen Aspekten dieses als "modern" apostrophierten Krieges. Wissenschaft und Technik - so eine der zentralen Thesen - seien zwar nicht zwangsläufig kriegsentscheidend gewesen. Aber die erstmalige enge Verflechtung von natur- und ingenieurwissenschaftlicher Forschung und der Entwicklung neuer Waffensysteme, ihre industrielle Massenfertigung und ihr ungehemmter Einsatz - so der Grundtenor der untersuchten Sendungen - seien dafür verantwortlich gewesen, dass die Kriegsführung eine völlig neue, eben moderne, Dimension erreichte.

Unser Vortrag setzt sich mit dieser Aussage sowohl hinsichtlich des historischen Bildmaterials als auch seiner Verwendung in den heutigen Fernsehdokumentationen eingehend auseinander. In einem ersten Schritt werden mithilfe einer detaillierten Film- und Bildanalyse die Inszenierung technischer Artefakte im Kriegsgeschehen und die Stilisierung wissenschaftlicher Kriegsforschung als Sinnbilder der Moderne hinterfragt. Auch die narrativen Strategien der heutigen Filmemacher, etwa die Kaschierung wissenschaftlicher Expertise als vermeintliche Zeitzeugenaussagen, sollen kritisch untersucht werden.

In einem zweiten Schritt soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit Wissenschaft und Technik als Triebfedern des Ersten Weltkrieges tatsächlich eine neue, moderne Dimension des Krieges eröffneten. Oder ob die gezeigte Gleichsetzung von "High-Tech-Waffen" und Moderne nicht letztlich ein Bild erzeugt, das im wesentlichen unserer heutigen Auffassung von moderner Kriegsführung entspricht.

Der Vortrag soll einen Beitrag zur Diskussion um den Umgang mit Bildern in den Medien und in der Geschichtswissenschaft leisten. Darin enthalten ist die grundsätzliche Frage, ob das wenige überlieferte Bild- und Filmmaterial unsere Sicht auf den Ersten Weltkrieg wesentlich bestimmt. Werden die Bilder des Ersten Weltkrieges nicht vielmehr im Rahmen aktueller Diskurse neu gelesen und zusammengesetzt?