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Sören Flachowsky

Kooperation, Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer: Der Bevollmächtigte für Hochfrequenzforschung des Reichsforschungsrates

Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht die Tätigkeit des Bevollmächtigten für Hochfrequenzforschung (BHF), der am 20. November 1943 vom Präsidenten des Reichsforschungsrates (RFR), Hermann Göring, ernannt wurde. Neben den Hintergründen dieser Ernennung, die sich aus den "Kriegserfordernissen" ergab und auf eine "zweckmäßige Verteilung der Forschungsaufgaben" sowie eine "Schwerpunktbildung" innerhalb der Forschung abzielte, richtet sich der Blick vor allem auf die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen der vom BHF geförderten Projekte.

Um dies herauszuarbeiten, wird in einem einleitendem Teil die Institution des Reichsforschungsrates beleuchtet, der sich als forschungsfördernde Instanz und als Instrument der Wehr- und Rüstungsforschung - im Gegensatz zur bisher herrschenden Auffassung - zu einer der bedeutendsten Institutionen der NS-Wissenschaftspolitik entwickelte. Dem schließen sich einige Ausführungen zur Entwicklung der Hochfrequenztechnik in Deutschland und im Ausland an, um die Gründe für die Ernennung des Bevollmächtigten für Hochfrequenzforschung im RFR, Staatsrat Dr. Hans Plendl, und die damit auf deutscher Seite einhergehenden Koordinationsbemühungen auf dem Gebiet der Hochfrequenztechnik herauszuarbeiten. (Anm. zu Plendl: Am Ende des Jahres 1943 wurde Plendl durch Staatsrat Prof. Dr. Abraham Esau ersetzt, der bis zum Ende des Krieges das Amt des BHF bekleidete.)

Im Anschluss daran richtet sich der Blick auf die Organisation und Arbeitsweise des BHF, der seinen Tätigkeitsbereich in zahlreiche Arbeitskreise untergliederte und dem Prinzip der wissenschaftlich-technischen Gemeinschaftsarbeit folgend zahlreiche Aufträge verschiedener militärischer Auftraggeber übernahm. Hierbei interessieren vor allem die verschiedenen Kooperationsverhältnisse zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Staat und Militär, die sich etwa der engen Anbindung des BHF an den Generalinspekteur der Luftwaffe und die »Forschungsführung« des RLM, die »Hauptkommission Elektrotechnik« und die »Sonderkommission für Funkmesstechnik« des Rüstungsministeriums oder etwa in der »Arbeitsgemeinschaft Rotterdam« widerspiegelten. Vor dem Hintergrund der in diesen Gremien thematisierten kriegsrelevanten Problemstellungen gilt es zu untersuchen, ob die weitverbreitete Annahme, der BHF habe es nicht vermocht, eine Forschungskoordinierung zu erreichen und praktische Erfolge aufzuweisen, wirklich zutrifft. In diesem Zusammenhang richtet sich der Blick auch auf die Kooperationsverhältnisse mit der Industrie (z.B. AEG, Telefunken, Siemens), um der Frage der "Bedeutung von Forschungseinrichtungen und Unternehmen für die Entwicklung und Produktion von Rüstungsgütern" nachzugehen.