001.png

Andreas Steinsieck

Beschleunigung und Objektivität: Diskurse über Techniken der Kriegsberichterstattung im Südafrikanischen Krieg (1899-1902)

Technik hatte immer eine zentrale Bedeutung für Kriegsberichterstatter. Neue Waffensysteme faszinieren und prägen bis heute die Berichterstattung. Erfindungen der Medientechnik revolutionierten die Berichterstattung bereits im 19. Jahrhundert. Der Telegraph machte Nachrichten vom Kriegsschauplatz innerhalb weniger Stunden verfügbar und trug wesentlich zur Herausbildung einer Massenpresse bei. Photographie und Kinematographie traten als neue Dokumentationstechniken an die Seite von Bleistift und Pinsel und machten diesen Konkurrenz. Aber nicht nur die Anwender alter Techniken sahen sich herausgefordert. Militärs mussten neue Techniken der Zensur entwickeln und für die Kameramänner der Filmkameras war der Krieg ein großes Labor zur Entwicklung neuer Filmtechniken.

Der Südafrikanische Krieg war ein Kulminationspunkt dieser Entwicklung. Weit mehr als 300 internationale Berichterstatter jagten hier nach Scoops. Die Kodak Handkamera war gerade auf den Markt gekommen und gab auch vielen Laien die Möglichkeit, das Erlebte zu dokumentieren. Die enorme Konkurrenz förderte einen Diskurs über die richtigen Techniken der Berichterstattung. Dabei wurden Argumente der Medienkritik entwickelt, die lange nachwirken.

Umstritten war und ist vor allem die beschleunigende Wirkung der Technik. Wird heute über den "CNN-Effekt" als Folge der Berichterstattung in Echtzeit mittels Satellitentelefonen diskutiert, so wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts in ähnlicher Weise über die Auswirkungen des Telegraphen auf Qualität und Wirkung der Berichte gestritten. Auch die Photographie war bereits Gegenstand einer heftigen Debatte über die "richtige" Art, Kriege abzubilden. Während Photographen die "objektiven" Abbildungsmöglichkeiten der neuen Technik priesen, bezweifelten die Zeichner gerade diese.

Die Techniken der Berichterstattung konkurrierten nicht nur untereinander, sondern auch mit der Militärtechnik. Noch war die Reichweite des Maxim-Gewehres allerdings größer als die Reichweite von Teleskoplinsen. Daher war es kaum möglich, Bilder aus der Schlacht zu liefern, was den Zeichnern ein entscheidendes Argument lieferte.

Mit demselben Problem hatten auch die Filmer zu kämpfen. Zuerst im Spanisch-Amerikanischen Krieg eingesetzt, wurde der Film im Südafrikanischen Krieg zu einem wichtigen Medium der Berichterstattung. Da es aber beinahe unmöglich war, die schwere Technik in die Nähe des Kampfgeschehens zu bekommen, war das zugleich die Geburtsstunde filmischer Fakes. Das Kriterium der "Objektivität" - von den Kameraleuten ins Feld geführt - wurde also noch während seiner Geburtsstunde widerlegt.