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Claudia Muhl

Wissenschaft und Gesellschaft im Science Fiction Film – Images von omnipotenter Technologie am Beispiel der Darstellung von Hirnforschung

Veränderungen im Verhältnis von Wissenschaft und Technik und der Öffentlichkeit lassen sich anhand der Massenmedien beobachten, denn Wissenschaft in der Populärkultur ist
medienvermittelt. Durch die „Selektivität“ der Massenmedien in der funktional differenzierten
Gesellschaft werden ausgesuchte Inhalte in der Öffentlichkeit prominent; sie haben eine „kaum
überschätzbare selektive Auswirkung auf die Kultur“ (Luhmann 1981). Medien selegieren die
Information und ihre Form. Anschlussfähigkeit beruht auf Selektion, welche zugleich zu
Erweiterungen wie auch zu Einschränkungen anschließender Kommunikationen führt. Diskurse
erwachsen durch die Auswahl und diese Kommunikationen werden anschlussfähig für weitere
Kommunikationen.

Neben sachlichen Beiträgen gehören auch Fiktionen zu den Inhalten des massenmedialen
Spektrums. Sogar die Wissenschafts- und Technikkommunikation findet sowohl als Fachdiskurs
als auch als Bestandteil der Populärkultur statt (vgl. Weingart 2001, 2003). Demnach begründen
auch fiktionale Medienbeiträge anschlussfähige Diskurse. Die Öffentlichkeit erhält seriöses
Wissen über Forschung und Entwicklung durch die Medien, parallel dazu hat sie an der
Tradierung fiktiver Bilder über Wissenschaft in Romanform, als Spielfilme, Comics, etc., teil.
Beides vermischt sich zu undifferenzierten Images von Wissenschaft und Technik, die reale und
fiktionale Elemente vereinen. Obwohl es sich bei solchen Images um individuelle Konstruktionen
handelt, basieren diese auf generellen Mustern. Innovation wird filmisch umgesetzt, indem sie
mit Zitation, dem Rekurs auf ältere Filme oder Klischees und Stereotypik, verbunden wird (vgl.
Basalla 1976, Haynes 1994). Die Erzählform 'Film' schafft Visionen und liefert reale Bilder, die
auf diese Weise zu Projektionsflächen für die Öffentlichkeit werden und die sich zu Images
verdichten. Eine aus diesen Beobachtungen zu gewinnende Arbeitsthese lautet: Die Inszenierung
von Forschung und Wissenschaft im fiktionalen Film wirkt sich auf deren Image in der
Gesellschaft aus.

Um diese These empirisch zu erhärten, werden beispielhaft Science Fiction Spielfilme aus vier
Jahrzehnten (1970-2002) wissenschaftssoziologisch analysiert. Es gilt zu hinterfragen, in Claudia
Muhl: Wissenschaft und Gesellschaft im Science Fiction Film 2 welchem Umfang fiktionale
Medienbeiträge mit den non-fiktionalen Diskursfragmenten zu klischeehaften Images
verschmelzen. Deshalb wird untersucht, welche Bilder von Wissenschaft im Science Fiction-Film
entworfen werden. Sind die Science Fiction Disziplinen und Technologien rein fiktiv oder
beruhen die im Film gezeigten wissenschaftlichen Methoden und formulierten Theorien auf
realen Erkenntnissen und sind demnach wahr? Wird Forschung in der Science Fiction vor dem
herrschenden wissenschaftlichen Paradigma thematisiert, das den Stand der Forschung ausmacht?
In welchen Fall wird die Technologie zum Mittel der Grenzüberschreitung? Weshalb bedient sich
die Regie ihrer? Warum wird die Technologie zum Medium, die Intransparenz des
Fremdbewusstseins aufzuheben?

Empirischer Ansatzpunkt der Untersuchung ist die Darstellung eines Forschungsgebietes – der
Hirnforschung – im Science Fiction Film. Am Beispiel der wissenschaftlichen Disziplin und ihrer
praktischen technologischen Anwendung wird untersucht, welche wissenschaftlichen Inhalte zum
Gegenstand der Science Fiction gemacht werden und wie sich deren Inszenierung in
Wechselwirkung mit anderen Faktoren verändert.

Literatur
Basalla, George (1976): Pop Science: The Depiction of Science in Popular Culture, in: Gerald
Holton & William A. Blanspied (Hg.): Science and its Public: The changing relationship,
Boston/Dordrecht: D. Reidel Publishing Company, 261-278.
Haynes, Roslynn D. (1994): From Faust to Strangelove. Representations of the Scientist in
Western Literature, Baltimore /London: The John Hopkins University Press.
Luhmann, Niklas (1981): Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation, in: Claus Pias et. al.
(Hg.): Kursbuch Medienkultur, Stuttgart: DVA, 55-66.
Weingart, Peter (2001): Die Stunde der Wahrheit? Zum Verhältnis der Wissenschaft zu Politik,
Wirtschaft und Medien in der Wissensgesellschaft, Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.
Weingart, Peter & Petra Pansegrau (2003): Perception and representation of science in literature
and fiction film, in: Public Understanding of Science XII (2003), Volume 12, No. 3, July 2003,
227-228.