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Alfred Kirpal

Technikkommunikation bei Hochtechnologien - eine inhaltsanalytische
Untersuchung in Massenprintmedien

Der zielgerichtete Austausch von Informationen über Technik in deren Entstehungs- und
Verwendungszusammenhängen, in diesem Sinne soll Technikkommunikation verstanden werden,
ist permanenter Bestandteil des Innovationsprozesses im engeren wie auch in einem auf breite
Öffentlichkeitsdurchdringung gerichteten Sinne. Vor allem ist die Diffusion neuer Technik und
Technologien durch die Kommunikation technischen und technikwissenschaftlichen Wissens
(Reden von Technik oder über Technik?) in verschiedenen Medien, auf fachlich unterscheidbarer
Darstellungsebene und durch das Wirken verschiedener Akteursgruppen gekennzeichnet. Damit
werden diese an verschiedene Öffentlichkeiten gerichteten und auch durch sie getragenen
Kommunikationsprozesse selbst zum Gegenstand der kommunikationswissenschaftlichen
Forschung.

Während die traditionelle kommunikationswissenschaftliche Forschung zur Wissenschafts- und
Technikkommunikation, vor allem in der Ausformung der Grundlagen und Erscheinungsweisen
des Wissenschafts- und Technikjournalismus, vorzugsweise die gesellschaftliche Bedeutung des
Themas aus der Sicht der Risikokommunikation und Akzeptanforschung reflektiert, bleiben
praktische und fachorientierte Aspekte dieser spezifischen Form der Kommunikation weitgehend
unberücksichtigt, mit den allenthalben beklagten Darstellungs- und Wahrnehmungsdefiziten.
Seit einiger Zeit wendet die sich aus der Linguistik entwickelte Transferwissenschaft theoretisch
und anwendungsorientiert den Chancen und Barrieren des Zuganges zu neuem
wissenschaftlichen und technischen Wissen zu. Eigentlich dem Grundmodell des
Kommunikationsprozesses folgend wird eine Frame-Struktur entwickelt, die verschiedene
Inhaltsbereiche, Abstraktionsebenen, Personengruppen und Kommunikationsziele integriert. Auf
dieser Grundlage lassen sich im auf unterschiedlichem fachlichen Niveau ablaufenden
Wissenstransferprozess die Stufen der Akteure, die spezifischen Medien und als wichtiges
Gestaltungs- und Unterscheidungsmerkmal das jeweilige Fachsprachenniveau bestimmen.
Während Wissenstransferprozesse zwischen Experten untereinander und zwischen Experten und
wissenschaftlich interessierten Laien eher auf die konkrete Vermittlung von Wissen abzielen,
wird im Wissenstransferprozess zwischen Experten und der allgemeinen Öffentlichkeit vermittelt
durch Journalisten überwiegend das gesellschaftliche Interesse (oder auch das vermeintliche) in
den Mittelpunkt gerückt. Deshalb finden sich in den Massenprintmedien auf der Ebene der
Öffentlichkeit Elemente wie Erwartungen, Nachhaltigkeit und Folgen der Anwendung, wie sie
z.B. für die gesellschaftsweit geführten Risiko- und Akzeptanzdebatten üblich sind. Eine fachlich
begründete Wissensvermittlung und eine darauf aufbauende durchaus kritische Diskussion von
Entwicklungen im Hochtechnologiebereich in einer dem Laien verständlichen Sprache und seine
Wissensebene berücksichtigend findet nach wie vor nur unterrepräsentiert statt. Dahinter steht
auch die von einigen Kommunikations- und Publizistikwissenschaftlern vertretene Auffassung,
dass die Massenmedien die Aufgabe der Meinungsbildung und nicht der Wissensvermittlung
haben.

Die praktische Untersuchung befasst sich einerseits mit der Ermittlung des fachlichen Niveaus der Darstellung naturwissenschaftlicher und technischer Fragen in kommunikationswissenschaftlichen Inhaltsanalysen und in Studien zur massenmedialen Technikdarstellung im Zeitraum von 1985-2005. Obwohl die qualitative und quantitative Inhaltsanalyse bewährte Methoden der empirischen Aussageforschung sind und verschiedentlich ihre breite Anwendbarkeit betont wird,
findet die wissenschafts- und technikbezogene Inhaltsanalyse von Beiträgen in Zeitschriften wie auch in der Tagespresse kaum statt, und wenn, dann verbleibt sie auf der Ebene der Technikfolgendiskussion. Dies trifft auch auf die recherchierten Inhaltsanalysen zu, bei denen fast ausschließlich die Folgen oder vermeintlichen Folgen von Technikanwendung im Fokus
stehen. Eine Analyse sachinformativer populärwissenschaftlicher und populärtechnischer Inhalte
konnte nicht nachgewiesen werden. Bei der durchgeführten Inhaltsanalyse der Beiträge zu
Mobilfunk und Elektrosmog in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und in der „Süddeutschen
Zeitung“ im Zeitraum von 1993-2004 wurde ein starkes Ansteigen der Berichterstattung mit
Überwiegen einer eher kritischen und negativen Berichterstattung zu den befürchteten
gesundheitlichen Auswirkungen festgestellt.