010.png

Struktur und Entwicklung des techn. Wissens aus der Sicht einer Geschichte der Technikwissenschaften

Klaus Mauersberger

Die Entwicklung von Technikwissenschaften bzw. entsprechender spezifischer Formen des Wissens wird aus der Sicht der klassischen Technikgeschichte zumeist in der Anwendung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse auf technische Gebilde, Verfahren und Prozesse verstanden. Die traditionelle Wissenschaftsgeschichte wiederum räumt bestenfalls ein, daß auch die Technik in Form experimenteller Mittel Rückwirkungen auf die Naturwissenschaften gezeitigt hat.
Eine intensive Betrachtung des technischen Wissens und seiner Entwicklung kann aber belegen, daß sich handwerklich-empirisches Wissen in einem langen Reifeprozeß zu wissenschaftlichem Wissen ausformte. Neben verbalen Wissensformen ist es vor allem das nichtverbale Wissen, in welchem Ansätze wissenschaftlicher Erkenntnisse, zumeist in visualisierter Form, geronnen sind. Nichtverbales Wissen und visuelle Erkenntnis ist dabei weitaus mehr als das, was gemeinhin mit dem Modebegriff »tacit knowledge« umschrieben wird. Der theoretischen Modellbildung in vielen technikwissenschaftlichen Disziplinen ging zumeist ein Prozeß der Elementarisierung, Systematisierung und Schematisierung voraus. Der Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtungsweisen hat sich quasi auch mit fortschreitendem Eindringen in den praktischen Gegenstand herausgeschält. Das Wissen über technische Zusammenhänge wurde dabei stetig verdichtet. Zunehmend konnte verallgemeinerbares, quantifizierbares, prinzipielles Wissen abgehoben werden. Erst auf der Ebene schematisierter Wissensformen ist es möglich, empirisch gewonnnenes Wissen mit abstrakt-theoretischen Erkenntnissen, zumeist aus den Naturwissenschaften, zu verschmelzen. Die Voraussetzungen hierzu hat auch der Techniker und Ingenieur eingebracht. Dies als historischen Prozeß zu beleuchten und Strukturen des technischen Wissens aufzudecken, ist Inhalt des vorliegenden Beitrages.