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Feuerwerk zu Scherz und Ernst - Die spielerische Anwendung der Pyrotechnik im Lustfeuerwerk

Rainer Leng

Seit den zwanziger Jahren des 14. Jahrhunderts verbreitet sich mit rasanter Geschwindigkeit die Pyrotechnik durch ganz Europa. Jahrzehntelang ist ihr einziges Einsatzgebiet der Krieg. Die modernen Feuerwaffen sollten die Kriegstechnik des Mittelalters nachhaltig verändern. Ein erster Beleg für den Einsatz der Pyrotechnik zur Unterhaltung findet sich erst 1379 in Vicenca. Diesseits der Alpen beginnt die Lustfeuerwerkerei erst mit einem spektakulären Feuerwerk, das Maximilian I. 1507 während des Konstanzer Reichstages auf dem Bodensee abhalten ließ. Von da an schwingt sich der spielerische Einsatz der Pyrotechnik schnell zu großen Höhen auf. Das 16. Jahrhundert wird zum Höhepunkt aller elaborierten Lustfeuerwerkerei an den europäischen Fürstenhöfen.

Über die prächtigen Spektakel informieren Festprogramme, Einblattdrucke, Feuerwerksbeschreibungen; auch Dichter und Maler nahmen sich des Themas an. Diese Quellen zeigen uns die sorgfältig ausgeführten Aufbauten und Szenenfolgen aus der Perspektive der Festbesucher.

Daneben stehen uns jedoch eine große Zahl von meist handschriftlich Überlieferten Büchsenmeister- oder Artilleriebüchern zur Verfügung. Manche behandeln die Lustfeuerwerkerei sogar monographisch, meist gibt es Kapitel über das 'Feuerwerk zu Ernst und Scherz' - 'Scherz' ist das frühneuhochdeutsche Wort für Spiel, Zerstreuung, Kurzweil. Da an den Höfen der Renaissance die Ausführung des Lustfeuerwerks in die Zuständigkeit der Büchsenmeister fiel, besitzen wir in ihren Schriften also zuverlässige Quellen, die sich vor allem mit der technischen Seite der oft monatelangen Vorbereitungen für die kurzen Momente der Unterhaltung beschäftigen. Minutiös schildern sie in Text und Bild den Aufbau von komplexen Feuerwerken, beginnend mit den Pulverrezepturen über die Herstellung von Böllern, Raketen und Sprengkörpern für besondere Effekte. Die Konstruktion der hölzernen Tragegestelle, Anbringung und Zündungsmechanismen für die Böller, schließlich die aufwendige Verkleidung durch Hofmaler oder -Bildhauer sind in zahlreichen Einzelschritten dargestellt.